"Die Brunnenputzer" in Eberstadt - Arbeitsgruppe Brunnen & Quellen
Ein Brunnen, der nicht läuft bietet dem Auge des Betrachters einen traurigen Anblick.
Der Reiz, der für Auge und Ohr, fast könnte man sagen für die Seele, von fließendem Wasser ausgehen kann, veranlasste bereits vor vielen Jahren zwei Brunnenfreunde, sich der örtlichen Eberstädter Brunnen anzunehmen, da diese seit Jahren vor sich hindämmerten, ohne Wasser zu spenden.
Hans-Joachim Bauer und Wilhelm Dörr waren die ersten, die sich die Wiederbelebung der vielen Wasserspender zur ehrenamtlichen Aufgabe machten. Eine unverhofft auftauchende Spende einer hier ungenannten Spenderin konnte aus finanzrechtlichen Gründen nicht verwendet werden, zwang aber zu weitergehenden Aktivitäten. Ein Verein musste her! Auf Rat der Bezirksverwaltung fanden die Brunnenfreunde Unterschlupf beim „Eberstädter Bürgerverein“, weil dieser Verein aufgrund seiner Gemeinnützigkeit in der Lage ist, die entsprechenden Spendenbescheinigungen auszustellen.
Am 7. Mai 1999 war es soweit: Die Arbeitsgruppe „Brunnen und Quellen“ im „EBV“ wurde gegründet!
Das erste Projekt, der Mühlenbrunnen am Beginn der Mühltal-Straße, wurde mit Spendenmitteln renoviert. In den Folgejahren wurden sämtliche alten Brunnen in Eberstadt wieder zum Laufen gebracht, und nicht nur dies, es wurden auch neue Brunnenanlagen gebaut und, wenn diese auf städtischem Gelände lagen, dem eigentlichen Besitzer, der Stadt Darmstadt, übergeben. Neben mehreren Trinkbrunnen für durstige Bürger und deren Hunde sind hier die neuen Brunnen im Eberstädter Ortsbereich zu nennen, die alle von der Bevölkerung mit Freude aufgenommen wurden. Im Oktober 2007 wurde der „Eberbrunnen“ auf der „Piazza Gino Faraldi“ anlässlich eines schönen spätsommerlichen Festes seiner Bestimmung übergeben. Im Jahr 2008 hat die Gruppe mit der Renovierung des Märchenbrunnens am Fritz-Dächert-Weg ein weiteres Projekt abgeschlossen. Am 28. September 2008 wurde der Brunnen, mit neuen Märchenfiguren aus Bronzeguss versehen, der Bevölkerung übergeben.
Es muss an dieser Stelle unbedingt festgestellt werden, dass viele Vorhaben der „Brunnenputzer“ ohne die großen und kleinen Spenden aus der Bürgerschaft, der Geschäftswelt, den Vereinen, insbesondere aus dem Eberstädter Bürgerverein von 1980 e.V., und ohne die freundliche und unbürokratische Unterstützung durch städtische Ämter, Einrichtungen und Betriebe nicht durchführbar gewesen wären. Ein Beispiel hierfür ist die Eberstädterin Ilse Fiedler die mit ihrem Ehemann sehr gerne an den Eberstädter Brunnen verweilte. Aus Dankbarkeit und mit großer Freude hat sie einen großen Teil ihres Vermögens der W.E.L.P. Dörr-Stiftung hinterlassen. Um sich für diese großzügige Einlage zu bedanken wurde zu ihrem Gedenken der 25. Eberstädter Brunnen am Eingang des Eberstädter Friedhofes, der letzten Ruhestätte von Ilse Fiedler, erbaut. Er heißt "Ilse Fiedler Brunnen" und wurde am 5. August 2018 seiner Bestimmung übergeben.
Heute betreut die AG 25 Brunnen im Eberstädter Ortsbereich und in der Gemarkung Eberstadts. Darüber hinaus kümmert sie sich auch um weitere Brunnen im Darmstädter Ostwald, die regelmäßig kontrolliert und bei Bedarf repariert werden. Alle Arbeiten der Gruppe „Brunnen und Quellen“ im „Eberstädter Bürgerverein von 1980 e.V.“ werden ausschließlich ehrenamtlich erbracht
An jedem ersten Dienstag des Monats treffen sich die Mitglieder der Arbeitsgruppe um 18.00 Uhr in der Geibelschen Schmiede zu ihrem Brunnenstammtisch. Gäste sind immer willkommen zum Schnuppern und Kennenlernen.
Über den Eberstädter Bürgervereins von 1980 e.V. können zweckgebundene Spenden für die Erhaltung der Brunnnen überwiesen werden. Die Spender erhalten dann unverzüglich eine entsprechende Spendenbescheinigung.
Darüber hinaus soll die „W.E.L.P. Dörr Stiftung-Eberstädter Brunnen" die Zukunft der Eberstädter Brunnen sichern.
„Brunnenputzer“ sorgen für sprudelndes Eberstadt – Unverzichtbar für eine lebendige Dorfgemeinschaft (Darmstädter Echo vom 12.03.2013)
Dass die Brunnen sprudeln, ist den engagierten Bürgern zu verdanken, die sich selbst liebevoll „Brunnenputzer“ nennen. Die nahezu einzigartige Arbeitsgruppe „Brunnen und Quellen“ – wie ihr offizieller Name lautet – kümmert sich unter dem Dach des Eberstädter Bürgervereins ehrenamtlich um Instandhaltung und Neuinstallation von Brunnen in Eberstadt und Umgebung, aktuell deren 23. In der Region greift man längst gern auf das Wissen der 1999 gegründeten Initiative zurück, wie „Brunnenputzer“ Jürgen Breuler berichtet. Damit nicht genug: Auch allerlei Wissenswertes rund um die Brunnen hat das langjährige Mitglied Gert Wolf zutage gefördert, wovon sich bei einem keineswegs trockenen Vortrag in der Geibelschen Schmiede etwa 60 Interessierte überzeugen konnten.
„Brunnen dienten früher natürlich der Trinkwasserversorgung“, sagt Wolf. Obwohl sich seit Einrichtung einer zentralen Trinkwasserversorgung im Jahr 1893 durch ein ausgeklügeltes Brunnensystem in Eberstadt so einiges getan hat, gibt es dort auch heute wieder drei Trinkwasserbrunnen. Aus den gusseisernen Jugendstil-Modellen auf dem Marktplatz, im Bauerngarten und auf dem Gretel-Klein-Platz fließt Wasser direkt aus den Leitungen der HSE. Die Vierbeiner bekamen dort sogar einen Wassernapf in Hundenasenhöhe. Ihre Herrchen müssen dagegen einen hydraulischen Fußschalter bedienen. Dass das auch noch ökologisch ist, zeigt Wolf mithilfe einer selbst gezeichneten Skizze der Brunnenkaverne: Zahlreiche Ventile, Pumpen und Zeitschaltuhren sorgen für einen sparsamen Umgang mit dem feuchten Nass. Doch Brunnen sind weit mehr als nur ein Zugang zum Trinkwasser. „Eine lebendige Dorfgemeinschaft braucht fließende Brunnen“, meint Wolf. Ähnlich sah das nach dem Krieg auch der damalige Ortsverwalter Fritz Dächert. Trotz wirtschaftlicher Engpässe und Wohnungsnot schuf Dächert 1952 bei der Errichtung der Kirchtannensiedlung den nach ihm benannten Brunnen aus Resten der benachbarten Munitionsanstalt. Damit war ein Treffpunkt geschaffen, der zum Plaudern einlädt. Und weil man sich in Eberstadt wohl auch mal mehr zu erzählen hat, meint Wolf das Rätsel um den breiten Rand des Dächertsbrunnen gelöst zu haben: „Ein breiter Rand für breite Hintern.“
Einen echten Krimi weiß Wolf über den Märchenbrunnen zu berichten: Dieser wurde zum Tatort, als zunächst eine Bronze-Gans, die den Brunnen schmückt, und später auch der dazugehörige Fuchs gestohlen wurde. Lange fehlte jede Spur. Die Sache nahm dann doch noch ihr glückliches Ende, als zwei Elfjährige die Figuren fanden – und dafür sogar Finderlohn erhielten. Allerdings verloren alle Tiere durch diesen Vorfall ihre Beine. Um weitere Diebstähle zu verhindern, brauchte man breitere Sockel. Seitdem liegen Fuchs und Gans auf dem Rand des Märchenbrunnens beisammen.
Dagegen durfte der Eber auf dem 2007 errichteten Eberbrunnen seine Beine behalten. Als „Zeugnis des Lokalpatriotismus“ blickt das Wappentier über die Piazza Gino Faraldi. Ob der Eber allerdings damit einverstanden ist, alljährlich einem Brauch zur Beschwörung der Brunnengeister folgend mit Ostereiern behängt zu werden, ist nicht überliefert.
Der Eintrachtsbrunnen ist einer der wenigen Eberstädter Brunnen mit Inschrift. „Eine Mahnung aus trüber Zeit“ ist auf dem 1930 erbauten Brunnen in der Nähe des Kühlen Grunds zu lesen. Das Denkmal erinnert an Zeiten, in denen die Eberstädter Bevölkerung in Nationalsozialisten und Kommunisten gespalten war; in denen „Rechte“ nicht in „linke“ Vereine eintraten und das Feierabendbier nach Parteizugehörigkeit getrunken wurde.
Andere Brunnen erlebten dagegen glanzvollere Zeiten: Queen Victoria höchstselbst war es, die auf ihrem Weg ins Auerbacher Fürstenlager gern am Pfarrbrunnen mit seiner prächtigen Linde rastete. Der Melitabrunnen war gar ein Hochzeitsgeschenk für Melita von Sachsen-Coburg, erste Gattin des Großherzogs Ernst-Ludwig. Doch die Ehe hielt nicht und alle Einrichtungen mit ihrem Namen wurden umgetauft. Der Melitabrunnen wurde dabei allerdings vergessen. Und hätte es damals die „Brunnenputzer“ schon gegeben: Eine solche Schlamperei wäre ihnen nicht passiert.